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3. März 2011 | Was bewegt | 

Das Fallen eines Überfliegers


Der Autor des Artikels, Georg ZimmererGeorg Zimmerer. Die einen sind voll Schadenfreude und Häme. Andere trauern, sind enttäuscht und hoffen inständig auf sein „come back". Der Rücktritt von Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg bewegt die Gemüter der Deutschen - und macht so manches deutlich.

 

 

 

Emotionale Reaktionen

Medienthema Nummer 1Die Gegensätzlichkeit der Reaktionen könnte kaum größer sein. Sie zeigt sich sowohl in der Presse, als auch im eigenen Umfeld. Es scheint, als ginge ein Riss durch die Republik.

Unsere starken emotionalen Reaktionen zeigen auch immer etwas von unserer eigenen psychischen und religiösen Verfasstheit.

So kann man fragen, ob bei denen, die angesichts Guttenbergs Rücktritt Genugtuung verspüren, nicht viel Selbstgerechtigkeit vorherrscht - bei einigen wohl auch Neid sowie Abwertung von Menschen, die konservative Werte verkörpern. Für viele sind diese Menschen Anfrage und Provokation im Blick auf den eigenen Lebensstil und die eigene Weltanschauung. Auch viele praktizierende Christen sehen sich häufig mit diesen Verhaltensmustern konfrontiert.

Sehnsucht nach Glanz und Gerechtigkeit vom König

Doch auch die andere Seite - die der Trauernden - könnte sich kritisch anfragen lassen: Ob sie ihre eigenen Heilshoffnungen nicht zu stark und vorschnell auf jemand gesetzt haben?

Viele Menschen haben Großes von zu Guttenberg erwartet. Man hat eigene Wünsche und Sehnsüchte auf ihn projiziert und gehofft, von der großen und adeligen Lichtgestalt einen Abglanz abzubekommen. Man wollte sich ihm anschließen, einer von den Seinigen sein. Und wenn er dann königlicher Bundeskanzler - gewesen wäre, hätte er die Welt endlich von allen Ungerechtigkeiten befreit, hätte er auch mir Recht verschafft und mich so von meinem Leiden oder dem Mangel an eigener Anerkennung erlöst.

Wir Christen sollten uns hier vor Augen halten, dass Erlösung, Befreiung und Heil immer nur von Gott selbst ausgeht. Natürlich gibt es auch Menschen - und wir kennen sie selbst in unserem Leben - , die etwas davon verkörpern und „zweitursächlich" bewirken.

Doch wir sollten hier einen Menschen weder überschätzen noch überfordern.

Der Sündenfall: mehr sein wollen, als man ist

Noch etwas Wichtiges können wir von Herrn zu Guttenberg lernen: Etwas, woran unsere Zeit - und nicht minder unsere Kirche - vielleicht am meisten krankt: Es ist die Versuchung des Menschen, mehr sein zu wollen, als er tatsächlich ist und mehr als ihm von Gott her zugedacht wurde. Es ist im Grunde genommen die Ursünde und der Sündenfall Adams und Evas im Garten Eden.

Die ersten Menschen sind der Versuchung erlegen, perfekt - also wie Gott - sein zu wollen. Sie haben von der Frucht der Erkenntnis gegessen und wollten damit so viel Weisheit wie Gott haben. Diese Grenzüberschreitung hat sie zu Fall gebracht.

Ähnlich ging es Herrn zu Guttenberg. Er wollte mit seinem Doktortitel einen makellosen Lebenslauf aufweisen und zeigen, dass er ein absoluter Überflieger ist. Doch neben den fordernden Aufgaben als Bundestagsabgeordneter und Familienvater noch eine Doktorarbeit zu schreiben, sprengt schier die menschlichen Möglichkeiten. Um den Schein des Perfekten vorzugeben, bediente er sich des Mittels der Täuschung. Dies hat ihn am Ende nun abstürzen lassen. Es hat ihn nicht nur sein Amt gekostet, sondern ihn auch in eine menschliche und göttliche Beziehungszerrüttung gebracht - also in Sünde.

Gotteskindschaft als Heilmittel

Da wo wir aber ehrlich unsere Grenzen und Fehler eingestehen und Gott als Vater anerkennen, kann er in seiner großen Barmherzigkeit die Überheblichkeit des Menschen vergeben und ihn so nach seinem Fallen wieder auffangen. Denn wir sind seine geliebten Kinder, ausgestattet mit einer einzigartigen königlichen Würde - nicht mehr und nicht weniger. Das müsste aber eigentlich genügen.


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