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22. Juli 2024 | Deutschland | 

Zum Prozess einer ganzheitlichen Selbstverwirklichung – Vorstellungen von Joseph Kentenich und Hermann Hesse im Vergleich


Selbstverwirklichung bei Josef Kentenich und Hermann Hesse - Ausschnitt aus dem Buchvover "Die Bestimmung des Menschen" (Bild: Helmut Langner)

Selbstverwirklichung bei Josef Kentenich und Hermann Hesse - Ausschnitt aus dem Buchvover "Die Bestimmung des Menschen" (Bild: Helmut Langner)

CBre. „Wie kann der Mensch seinem inneren Selbst entsprechen?“ Dieser Frage geht Dr. Ullrich Glatthaar nach, indem er die Vorstellungen von Joseph Kentenich und Hermann Hesse im Blick auf den Prozess der Selbstverwirklichung des Menschen darstellt und vergleicht. Glatthaar, 1979 geboren, verheiratet, Studium der Kath. Theologie in Freiburg, Berufsausbildung zum Pastoralreferenten und bis heute in der kirchlichen Erwachsenenbildung tätig, hat sich zunächst mehr als zehn Jahre mit dem Vergleich der Thematik bei Kentenich und Hesse auseinandergesetzt, bevor er seine Erkenntnisse als Dissertation an der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Wintersemester 2022/23 eingereicht hat.

Schönstattspiritualität in neuer Sprache

Das Buch des Autors, der als Jugendlicher selbst viele Jahre in der schönstättischen Jugendarbeit aktiv und später als diözesaner Jugendreferent für die Schönstatt-Mannesjugend in der Erzdiözese Freiburg tätig war, liest sich spannend, ist auch für den „nichtwissenschaftlichen“ Leser verständlich und eröffnet Mitgliedern der Schönstatt-Bewegung nochmals ein ganz neues Verständnis für und vor allem eine neue Sprache über die Schönstattspiritualität.

Das Buch besteht aus sechs Kapiteln: allgemeines zur Thematik der Selbstverwirklichung, Einführung in den geistigen Hintergrund der Zeit zwischen 1910 und 1920, Selbstverwirklichung bei Josef Kentenich, Selbstverwirklichung bei Hermann Hesse, Vergleich miteinander und ein Literaturverzeichnis/Register.

Ullrich Glatthaar, „Die Bestimmung des Menschen, Ganzheitliche Selbstverwirklichung bei Joseph Kentenich und Hermann Hesse im Vergleich“ 580 Seiten, 21 x 15 cm, Patris Verlag, ISBN: 978-3-946982-29-6, Preis: 24,00 €

Ullrich Glatthaar, „Die Bestimmung des Menschen, Ganzheitliche Selbstverwirklichung bei Joseph Kentenich und Hermann Hesse im Vergleich“ 580 Seiten, 21 x 15 cm, Patris Verlag, ISBN: 978-3-946982-29-6, Preis: 24,00 €

Allgemeines zur Thematik „Selbstverwirklichung“

Im ersten Teil der allgemeinen Thematik der Selbstverwirklichung führt der Verfasser aus, dass sich im heutigen postmodernen Zeitalter keine allgemeingültige Definition für Selbstverwirklichung finden lasse, sondern das, was mit Selbstverwirklichung jeweils gemeint sei, individuell von jedem selbst festgelegt werde. Selbstverwirklichung heute komme ohne jeden Transzendenzbezug aus, was sich fundamental von seinen beiden Protagonisten Kentenich und Hesse unterscheide. Beide seien ihm seit seinen Jugend- und Studentenjahren vertraut und wichtige Wegweiser für sein Leben geworden. Väter im Geiste sozusagen, die ihm „Inspiration und Kraftquelle zur Lebensgestaltung und Lebensbewältigung“ blieben.

Der geschichtliche Zeithintergrund

Im zweiten Kapitel beschreibt Ulrich Glatthaar den geschichtlichen Zeithintergrund der kaiserlich-wilhelminischen Gesellschaft, ihre Autoritätshörigkeit, ihren strengen Gehorsamsbegriff, ihre prüden Moralvorstellungen, was den „gehorsamen Untertan und Einheitsmensch“ zum Ziel gehabt habe.

Grundzüge der Schönstattspiritualität in klarer, heutiger Sprache erklärt

Die Teile drei und vier stellen das Herzstück des Buches dar. Kapitel drei beinhaltet eine gekonnt dargestellte Biographie des Gründers der Schönstatt-Bewegung, Josef Kentenich mit Hinweisen auf die Grundzüge der Schönstattspiritualität: Praktischer Vorsehungsglaube , Bindungsorganismus, Persönliches Ideal. Gerade dieses Kapitel liest sich sehr spannend. Einmal, weil deutlich wird, warum gerade diese Kriterien in der Schönstattspiritualität eine so große Rolle spielen und weil es dem Verfasser gelingt, in seiner klaren, heutigen Sprache komplizierte Sachverhalte verständlich zu erklären.

Hesses literarisches Werk – ein Ausdruck seiner Lebenserfahrung

Im vierten Teil untersucht Glatthaar die Bestimmung des Menschen bei Hermann Hesse, dessen zentrales literarisches Anliegen den Themen der Selbstsuche und Selbstverwirklichung gewidmet war. Auch hier ist es beeindruckend, wie es Glatthaar aufzuzeigen gelingt, dass, das, was Hesse literarisch niederschreibt Ausdruck seiner eigenen Lebenserfahrungen ist.

Zur Vision vom neuen Menschen und der Entfaltung der ureigenen Persönlichkeit

Im fünften Teil, der vergleichenden Gegenüberstellung zwischen Kentenichs und Hesses Positionen in Bezug auf die Bestimmung des Menschen und seiner Selbstverwirklichung, ist die Ähnlichkeit ihrer Erfahrungen in der Jugendzeit und ihrer dort erlebten Krisen, die aufgezeigt werden, erstaunlich. Deutlich wird aber auch ihr unterschiedliches Gottesverständnis, was jedoch bei beiden trotzdem zu einem starken Hören auf die inneren Stimmen und Quellen führt. Herausgearbeitet wird, wie sich Kentenich und Hesse von der Fremdbestimmung durch andere, die das Zerbrechen der Individualität des Einzelnen anstrebten, befreien konnten, um nach ihrer je eignen Bestimmung leben zu können. Daraus ließe sich ihre Vision vom neuen Menschen und der Entfaltung der ureigenen Persönlichkeit eines jeden Menschen ableiten. Seelische Ganzheit durch die Integration des Unbewussten ist beiden ein großes Anliegen. Der Sinn des menschlichen Lebens – davon sind Kentenich und Hesse überzeugt, liege nicht im Streben nach Macht, Besitz oder Erkenntnis, sondern im Lieben: Selbst-, Nächsten- und Gottesliebe. Somit sei Selbstverwirklichung – so die Überzeugung beider - nur in der und durch die Bindung an andere Personen möglich. Beide seien sich auch einig, so der Autor, dass das Göttliche in dieser Welt wirksam und gegenwärtig sei und für den Menschen durch das Hören auf seine Seelenstimmen die Botschaften Gottes wahrnehmbar und verstehbar würden.

Ein Tribut an die Seele des Menschen

Ein höchst lesenswertes Werk – vielleicht gerade im Urlaub, wo mehr Zeit und Muße zum Lesen und gleichzeitig zum Nachdenken möglich ist. Sicher keine leichte, oberflächliche Urlaubslektüre, aber eine gewinnbringende, da immer wieder neue Erkenntnisse aufblitzen. Glatthaar schreibt selbst im Prolog: „Dieses Werk versteht sich als ein Tribut an die Seele des Menschen und als ein Beitrag zu deren tieferem Verständnis und letztlich als ein Fingerzeig auf die Einsicht, dass nur durch die Entsprechung der Seele ganzheitliche Selbstverwirklichung im Leben eines Menschen möglich wird.“

Bibliographische Angaben

  • Ullrich Glatthaar, „Die Bestimmung des Menschen, Ganzheitliche Selbstverwirklichung bei Joseph Kentenich und Hermann Hesse im Vergleich“ 580 Seiten, 21 x 15 cm, Patris Verlag, ISBN: 978-3-946982-29-6, Preis: 24,00 €
  • Bestelladresse: Patris Verlag, Höhrer Str. 109, 56179 Vallendar, Tel. 0261/604090,
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