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23. September 2015 | Rund ums Urheiligtum | 

Bündnisfeier im Zeichen der anhaltenden Flüchtlingsströme


Das Lampedusa-Kreuz bei der Bündnisfeier in Schönstatt (Foto: Brehm)

Das Lampedusa-Kreuz bei der Bündnisfeier in Schönstatt (Foto: Brehm)

Hbre. Pilger aus Argentinien, Chile, Paraguay, Puerto Rico, Ecuador, Indien und Deutschland begegneten sich bei der Bündnisfeier am 18. September in Vallendar-Schönstatt um gemeinsam das Liebesbündnis mit der Dreimal Wunderbaren Mutter, Königin und Siegerin von Schönstatt und untereinander zu erneuern. Die Feier, der Weihbischof Dr. Michael Gerber, Freiburg, vorstand, stand unter dem Eindruck der anhaltenden Flüchtlingsströme, die in diesen Tagen nach Europa und besonders nach Deutschland unterwegs sind. Sichtbares Zeichen für die Not der vielen Flüchtlinge war ein „Lampedusa-Kreuz“, das der Weihbischof von Freiburg aus zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz nach Fulda mitnehmen sollte und das an diesem Abend in der Pilgerkirche und am Urheiligtum präsent war.

Ein Kreuz, in Lampedusa gefertigt aus Planken eines gestrandeten Flüchtlingsschiffes (Foto: Brehm)

Ein Kreuz, in Lampedusa gefertigt, aus Planken eines gestrandeten Flüchtlingsschiffes (Foto: Brehm)

Flüchtlings-Schicksal sichtbar und präsent

„Ein Schreiner in Lampedusa fertigt aus den Resten von gestrandeten Flüchtlingsschiffen solche Kreuze“, erklärte Gerber in seiner Einführung. „In diesen beiden Balken, die vieles erlebt haben ist das Schicksal der vielen Menschen sichtbar und präsent, egal, ob sie über das Mittelmeer kommen oder an Zäunen und Grenzen in Europa stehen.“ Der Freiburger Weihbischof lud ein, an diesem Abend ganz besonders für diese Menschen zu beten, aber auch für alle, die sich in unserem Land für die Aufnahme und Integration der Flüchtlinge einsetzten. Auch für die Bischofskonferenz bat er um das Gebet. Ein Schwerpunkt der kurzfristig geänderten Tagesordnung sei die Flüchtlingsfrage, daneben ginge es aber auch um die Themen der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie, die auch beim bevorstehenden Weltfamilientag in Philadelphia, USA, zur Sprache kämen.

„Wir sind hier am Ende eines Bündnismonates, der in unserer Schönstatt-Bewegung viel in Bewegung gebracht hat“, sagte Weihbischof Gerber weiter und benannte die Wahl von Pater Juan Pablo Catoggio zum Generaloberen der Schönstatt-Patres, der damit auch Vorsitzender des Generalpräsidiums geworden sei, die Einkleidung der jungen Frauen, die sich auf den Weg in die Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern machen, und das Generalkapitel des Schönstatt-Familienbundes, das ebenfalls eine neue internationale Leitung gewählt habe. Außerdem erinnerte Gerber an die Feier in Cambrai, bei der vor wenigen Tagen „50 Jahre Heiligtum der Einheit“ gefeiert worden ist.

Beklemmende Präsenz von Flüchtlingsschicksalen beim Einzug in die Pilgerkirche (Foto: Brehm)

Beklemmende Präsenz von Flüchtlingsschicksalen beim Einzug in die Pilgerkirche (Foto: Brehm)

Weihbischof Dr. Michael Gerber Freiburg (Foto: Brehm)

Weihbischof Dr. Michael Gerber Freiburg (Foto: Brehm)

Cambrai und Josef Engling

Cambrai und Josef Engling – es könne sein, das mancher Schönstätter in den letzten Jahre gedacht habe, dass dieser Soldat aus dem Ersten Weltkrieg nicht mehr in die heutige Zeit passe, dass er vielleicht nur für eine bestimmte Epoche der Schönstattgeschichte wichtig gewesen sei, sagte Gerber in seiner Predigt. „Jetzt werden wir mitten in Deutschland mit Zehntausenden von Menschen konfrontiert, die in ihrer Seele ähnliche Bilder tragen, wie einst Josef Engling“, so der Weihbischof weiter. „Ich erinnere mich an eine Begegnung mit jesidischen Frauen im Juni. Die Frauen hatten in einem unserer Klöster Zuflucht gefunden. Sie waren eine Zeit lang Sklavinnen von IS-Kriegern gewesen und hatten bei ihrer Versklavung mit ansehen müssen, wie ihre Ehemänner, Väter und Brüder in eine Scheune getrieben und dann der Reihe nach erschossen wurden. Szenen, wie wir sie aus den Dokumentarfilmen der Weltkriege kennen und die nun plötzlich wieder bittere Realität sind. Letzte Woche sitzen bei mir im Büro drei junge Menschen aus Damaskus. Was sie berichten an Kriegszenen erinnert sehr an die Tagebucheinträge eines Josef Engling. Menschen heute, mitten unter uns.“

Dass am Anfang der Schönstattgeschichte Gründergestalten stehen, für die Krieg und die damit verbundenen traumatischen Erfahrungen ebenfalls tägliche Realität waren und sich tief in ihre Seele eingebrannt haben, sei möglicherweise ein ‚Schatz‘, den es neu zu entdecken gelte. „Schönstatt ist groß geworden mit dem Auftrag, genau für diese Realität eine alltagstaugliche Spiritualität zu entwickeln“, stellte Gerber Fest und stellte die Frage, wie Josef Kentenich versucht hat, sich in die Seelenwelt dieser jungen Menschen damals einzufühlen? Wenn Schönstatt heute von Bündniskultur spreche, dann stelle sich die konkrete Frage, wie man mit den traumatisierten Flüchtlingen von heute im Bündnis leben könne. „In welcher Haltung begegnen wir den Phänomenen dieser Menschen mit verletzten Seelen und auch den Phänomenen unserer eigenen Seele? Halten wir dem Druck stand, gleich eine wohlgemeinte geistliche Antwort zu finden, halten wir die Fragen aus, die uns da entgegen kommen? Halten wir diese Andersheit des Anderen – und manchmal auch von uns selbst - aus, um wirklich tiefer die ‚feinsten Verästelungen der Seele‘ (ein typischer Kentenichausdruck) zu verstehen?“ Bündniskultur könne da kulturprägend sein, wo sie bereit sei, auch mit diesen tiefen und bisweilen abgründigen Verästelungen der Seele wertschätzend in Beziehung zu treten.

Bündniserneuerung am Urheiligtum (Foto: Brehm)

Bündniserneuerung am Urheiligtum (Foto: Brehm)

Mit der Anwesenheit des Lampedusakreuzes beim Urheiligtum bekommt das "Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land", das die Schönstatt-Bewegung Deutschland zur Eröffnung des Jubiläumsjahres geschlossen hat nocheinmal eine ganz neue Schattierung (Foto: Brehm)

Mit der Anwesenheit des Lampedusakreuzes beim Urheiligtum bekommt das "Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land", das die Schönstatt-Bewegung Deutschland zur Eröffnung des Jubiläumsjahres geschlossen hat noch einmal eine ganz neue Schattierung (Foto: Brehm)

Das Urheiligtum steht offen für ALLE Menschen (Foto: Brehm)

Das Urheiligtum steht offen für ALLE Menschen (Foto: Brehm)

Bündniskultur und Barmherzigkeit

Zum Abschluss seiner Predigt entwickelte Weihbischof Gerber drei Leitgedanken, die dabei helfen können, Gottes Bundesgeschichte mit den Menschen heute zu entdecken:
„a) Ich bemühe mich, im Anderen vor allem das Kind Gottes zu sehen. Bei allem Andersartigen, Fremden, mich möglicherweise Abstoßendem: der Andere ist vor allem Kind Gottes.
b) Ich frage mich, was könnte der Weg sein, den Gott mit diesem Menschen gehen will. Nicht ich gebe die Route vor, sondern es ist Gottes Weg mit diesem Menschen.
c) Ich frage mich, was kann ich lernen von diesem Menschen, dessen Weg so anders ist als meiner. Wo will mir Gott den Horizont weiten, damit ich die Wirklichkeit seiner Schöpfung, auch seiner verletzten Schöpfung, tiefer verstehen kann.“ Dass in wenigen Wochen am Urheiligtum eine „Pforte der Barmherzigkeit“ geöffnet werde, sei eine Herausforderung an jeden persönlich im eigenen Leben eine Pforte der Barmherzigkeit zu öffnen.

Erneuerung des Liebesbündnisses

Bei den von Marienbruder Gebhard Bauer gestalteten Fürbitten und bei der sich an den Gottesdienst anschließenden Prozession zum Urheiligtum stand das Gebet für die Menschen in Not im Mittelpunkt. Bei der Erneuerung des Liebesbündnisses am Urheiligtum, bei dem sich alle Pilger mit den Mitgliedern und Freunden der weltweiten Schönstattfamilie verbunden wussten, war jeder persönlich eingeladen, eine konkrete Person in dieses Bündnis miteinzuschließen. Eben Bündniskultur konkret.

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